Bild: Der römische Schmiedegott Vulcanus steht auch heute noch im Eingangsbereich des Gemeinschaftshauses Schmißberg.
„RadLust – Genussradeln im Birkenfelder Land.“ Das ist der Name einer im Oktober 2018 von der Verbandsgemeinde Birkenfeld sehr schön gestalteten und herausgegebenen Broschüre. Darin findet sich auch die sogenannte Eisenmacher Tour, die auch durch Schmißberg führt und das aus gutem Grund.
Die Radtour startet am Landesmuseum in Birkenfeld. Von dort führt sie zunächst über Brücken, zur Eisenhütte nach Abentheuer, hinauf nach Rinzenberg. Dann führt die Tour hinab zum, mit seinem eisenhaltigen Wasser gefüllten, Sauerbrunnen nach Oberhambach. Weiter verläuft die Strecke über Niederhambach bis ins ehemalige „Schmiedeberg“, also unserem heutigen Schmißberg. Dort führt die Strecke an dem gusseisernen Brunnen unserer Gemeinde vorbei. Danach gibt es für die Radler die Möglichkeit, am Sironatempel Pause zu machen, bevor die Strecke durch den Schönewald, an der rekonstruierten Römerstraße vorbei, wieder nach Birkenfeld zurückgeht.
Die Eisenmacher Tour, die durch das Herz Schmißbergs führt, ist rund 25 Kilometer lang und die Fahrradfahrer müssen etwa 320 Höhenmeter überwinden.
Damals Schmiedeberg heute Schmißberg
Doch was hat Schmißberg mit einer Eisenmacher Tour zu tun und warum überhaupt Schmiedeberg? Es war der Schmißberger Hobbyarchäologe Winfried Caspari, der ein wenig Licht ins Dunkle gebracht hat. Er hat zwischen 1980 und 1994 mehrere Hinweise darauf gefunden, dass Schmißberg ein hochmittelalterliches Zentrum der Schmiedetätigkeit war. Seine Spur nimmt er auf als er während des Baus der Brücke über die B 41 bei Elchweiler, Schlackehaufen und Tonscherben findet. Ein Indiz dafür, dass im Tal zwischen Schmißberg und Elchweiler sogar die Römer schon Erze geschmolzen haben. Darüber hinaus findet Winfried Caspari in der Nähe von Schmißberg, Reste von zwei hochmittelalterlichen Lehmöfen. Doch trotz dieser Sensationsfunde gelingt ihm kein wissenschaftlicher Nachweis. Auch weil die Fundstellen durch Straßenarbeiten weitgehend zerstört sind.
Der Schmißberger Hobbyarchäologe sucht Hilfe in Trier. Archäologen des Rheinischen-Landesmuseums schauen sich die Sache an. Sie finden heraus, dass ein Großteil des historischen Schmelzbezirks unter den Häusern und den Dorfstraßen von Schmißberg liegen muss. Das ist ein Ansporn für Caspari. Er macht weiter. Er will den Beweis erbringen, dass Schmißberg einst Mittelpunkt der regionalen Eisenindustrie war.
Caspari studiert die Geologie des Tales. Dort, wo er zuvor Eisenerzstücken und Schlacke gefunden hatte. Außerdem studiert er alte Literatur und redet mit Schmißbergern, um etwas über deren Vorfahren zu erfahren. Das Bild, dass sich Caspari zusammen puzzelt, lässt für ihn nur einen Rückschluss zu. Schmißberg muss um das 14 Jahrhundert einst ein Zentrum der Eisenindustrie im Hunsrück-Moselraum gewesen sein.
These bestätigt sich
Winfried Caspary sollte Recht behalten. Bei der Ausschachtung der drei Baustellen von Jörg und Astrid Welker, Günter und Manuela Geiß sowie Rudi und Ute Weber fanden sich weitere Belege für Casparis These, dass in Schmißberg mit „Rennfeueröfen“ Eisenerz geschmolzen wurde. Das Zentrum muss in der heutigen Hohen Wiesen gelegen haben. Hier wurden Grundmauern eines Gebäudes gefunden, mit einer Länge von etwa 25 Meter. Für das Hochmittelalter waren das riesige Ausmaße. Es bleibt nicht der einzige Fund in Schmißberg. Auch im Garten von Anita und Erich Geiß werden solche Grundmauern gefunden.
Untergang der Eisenindustrie beflügelt Landwirtschaft
Winfried Caspary findet bei seinen Recherchen auch heraus, warum die Industrie in Schmißberg unterging. Letztlich war es die mit dieser frühen Form von Eisengewinnung verbundene Umweltzerstörung, die auch den Niedergang der Schmelzen in „Schmiedeberg“ bedeuteten. Irgendwann war der Wald als Heizmaterial verbraucht, die gefundenen zahlreichen Holzkohlestückchen stammen allesamt von Bäumen und Sträuchern, die nicht älter als ein paar Jahre waren.
Die Schmelzen konnten notgedrungen nur noch mit Hecken und Niederwaldforstwirtschaft betrieben werden, ein Phänomen, das den Archäologen auch von allen anderen bekannten Hüttenstandorten wie in Abentheuer bekannt ist. Auf dem so entstandenen Ödland, bewachsen mit Heidekraut und Ginster, wurde in den nächsten Jahrhunderten der „Brandwaldfeldbau“ begründet, bei dem durch Abbrennen der Bodendecke eine landwirtschaftliche Nutzung möglich wird. Vielleicht war der Niedergang der Eisenindustrie so die Grundlage für die Landwirtschaft, die bis in die 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts das Leben in Schmißberg prägte.