Dorfchronik

Schmißbergs Dorfbrunnen

Die Brunnen der Gemeinde Schmißberg sind ortsprägend. Daneben sind Anziehungspunkt für die Menschen aus der ganzen Gemeinde – sie sind eine Quelle des Lebens.

vom 22. Januar 2024 I von Edgar Schäfer

Klaus Loose steht am frischsanierten Dorfbrunnen in der Schmißberger Dorfmitte "Hohe Wiese" im Juni 2022.

Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.

Wer durch den Ort Schmißberg schlendert, dem fallen mehrere bemerkenswerte Brunnen ins Auge. Bei genauem Hinsehen erkennt man, dass er sich um Laufbrunnen handelt. Diese erhalten ihr Wasser durch ständiges „Hinzulaufen“ aus der Leitung eines Wasserbehälters. Letztlich jedoch bekommen alle Schmißberger Brunnen ihr Wasser aus Zuläufen (Quellen) vom Stabsberg.

Neben dem Haus der Familie Schneider in der Hauptstraße 3 steht der vermutlich älteste Schmißberger Brunnen. Sein Sandsteintrog datiert diesen Laufbrunnen mit einer gusseisernen Brunnensäule ins Jahr 1871, ein Datum, das an die historische Reichsgründung des Deutschen Kaiserreiches in Versailles erinnert. Zum Gedenken an dieses Ereignis wurden mancherorts Denkmäler errichtet, Bäume gepflanzt und Brunnen gebaut. Ob auch der Schmißberger Brunnen aus diesem Anlass aufgestellt wurde?

Der Brunnen in der Hauptstraße neben dem „Haus Burger“.

Ursprünglich bestand dieser älteste Brunnen aus zwei aneinanderhängenden Sandsteintrögen. Dieser „Doppelbrunnen« hat einen in dieser Form nur noch selten vorkommenden bzw. selten erhaltenen Trog aus gehauenem Sandstein. Später wurde der Doppelbrunnen auseinandergetrennt. Während der Teil mit der Jahreszahl 1871 in der Hauptstraße 3 verblieb, fand der zweite Laufbrunnen einen Platz auf dem Dorfplatz „Hohe Wiese“ nahe der Häuser Hauptstraße 7 und 9. Aus einer gusseisernen Säule mit einem Mundstück, das einem schmalen Tierkopf nachempfunden ist, ergießt sich in einem schwachen Rinnsal das durchlaufende Wasser, das an der gegenüberliegenden Einlaufsäule überlaufen kann.

Ein weiterer, eher unscheinbarer und vermutlich jüngerer Brunnen mit einem kleineren gusseisernen Trog befindet sich vor dem Haus in der Hauptstraße 8.


Dorfchronik

Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.


Ebenfalls auf dem Dorfplatz im Ortskern neben dem Gebäude Nr. 9 steht der dritte Brunnen, ein inzwischen aufwändig restaurierter Laufbrunnen aus Gusseisen mit einem Brunnentrog aus mehreren zusammengefügten Platten und einer Verzierung, die an ein neugotisches Maßwerk erinnert. Brunnentröge wie diese wurden im späten 19. Jahrhundert hergestellt.

Da es sich bei dem verwendeten Maßwerkfenster um ein Motiv handelt, das auch bei anderen Trogplatten heimischer Brunnen zu finden ist (zum Beispiel beim Apothekerbrunnen in Birkenfeld oder beim Brunnen in Ellenberg), liegt die Vermutung nahe, diese könnten „Erzeugnisse des künstlerischen Eisengusses heimatlicher Hüttenwerke sein.“ So steht es in einer schriftlichen Notiz vom 15. September 1975 durch Herrn Lenz, den Sachbearbeiter der Verbandsgemein- de Birkenfeld, nach fernmündlicher Rücksprache mit den Herren Arthur Ruppenthal, Dr. Klar und Dr. Zwetsch. Genauere Angaben ließen sich bisher leider nicht finden.

Einer der Schmißberger Dorfbrunnen in der
Der frischsanierte Brunnen in der „Hohen Wiese“.

Bei der Herstellung solcher Laufbrunnen wurden für die Graugusswanne mehrere Gussplatten so aneinandergefügt und abgedichtet, dass kein Wasser auslaufen konnte. Bei dem Schmißberger Brunnen handelt es sich um ein optisch besonders ansprechendes Exemplar. Diese schmucke, dem spätgotischen Maßwerk nachempfundene Verzierung erinnert an (neu)gotische Kirchenfenster.

Brunnenwasser läuft durch tierkopfartiges Mundstück

Diesen vergleichbar enden die Profile der beiden Lanzetten in einem Nonnenkopf mit abgeflachten Nasen. Die Kreisform darüber bildet mit einer den Kreis halbierenden stilisierten Ranke einen harmonischen Abschluss der angedeuteten Fensterdoublette. Ob es dem Zufall geschuldet ist, dass der Brunnentrog an den Längsseiten jeweils sechs Fenster und an der Querseite jeweils drei Fenster zeigt, oder eine Anspielung auf biblische Zahlensymbolik bringen wollte, mag dem Betrachter überlassen bleiben.

Beim Durchzählen der Fenster wird der mit biblischen Inhalten vertraute interessierte Beobachter an die in der Heiligen Schrift bedeutsame Zahl Zwölf (zum Beispiel zwölf Stämme Israels im AT, 12 Jünger im NT) und auch an die Zahl Drei (Trinität – Gott Vater, Sohn und Hl. Geist) denken.

Die Konturen des gusseisernen Brunnens in der Dorfmitte „Hohe Wiese“.

Das Brunnenwasser wird auch hier durch eine gusseiserne Säule mit einem tierkopfartigen Mundstück in den Trog geführt. Das letzte erhaltene Original dieser Zulaufform im Birkenfelder Land befindet sich in Rinzenberg. Die Kunstgießerei Plein aus Speicher im Eifelkreis Bitburg-Prüm hat sich das Rinzenberger Original zum Vorbild genommen und eine neue Wassersäule samt Zulauf geschaffen. Auch das Überlaufrohr am anderen Ende der Schmalseite des Troges, der wasserführenden Säule gegenüberliegend, wurde in diesem Zusammenhang nachträglich angebracht.

Da die Wiederholung der schon früher des Öfteren praktizierten Sandstrahlbehandlung nicht mehr ausreichend war, hatte die Kunstgießerei Plein im Oktober 2020 vom Gemeinderat den Auftrag zu dieser Renovierungsmaßnahme erhalten. Dazu gehörte auch das Abdichten verschiedener Stellen, aus denen Wasser austrat, sowie das Entfernen des reichlich angesetzten Rostes. Abgerundet wurde die Maßnahme durch die Erneuerung des Wassereinlaufs und einen optisch ansprechenden hellen Anstrich, bei dem das spätgotische Maßwerk ebenfalls farblich hervortritt. Die Überarbeitung des Brunnens kostete rund 27.000 Euro, von denen 90 Prozent vom Land Rheinland-Pfalz gefördert wurden.


Dorfchronik

Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.


Ein vierter Brunnen, der ebenfalls früher im Dorf stand, hat seit Errichtung des dorfeigenen Schmißberger Friedhofs im Jahre 1962 dort seinen Platz gefunden und wird zur Grabbewässerung gerne genutzt. Adolf Schuch, der frühere Bürgermeister, konnte sich noch gut daran erinnern, dass der Trog des Brunnens früher in einem Keller im Hause Molter stand und als Behältnis für Sauerkraut verwendet wurde, ehe man den Trog in mühevoller Handarbeit durch die enge Kellertür nach draußen befördert hat. Anschließend wurde der schwere Sandsteintrog hinauf zum Friedhof transportiert und als Zulauf für einen weiteren Ortsbrunnen aufgestellt.

Der Brunnen auf dem Friedhof.

In der Tat dienten solche Laufbrunnen in früherer Zeit, bevor meist gegen Ende des 19. Jahrhunderts Wasserleitungen in den Dörfern gelegt waren, der alltäglichen Trinkwasserversorgung. Sie fungierten zudem als Viehtränke oder in ihrem Trog wurden die gekochten Wäschestücke von den Frauen kalt ausgewaschen und danach in körperlicher Anstrengung ausgewrungen. Waren solche Dorfbrunnen bis ins 20. Jahrhundert noch zentrale Wasserstellen und ein sozialer Mittelpunkt des Ortes, so sind sie heute „in der Regel frisch saniert und renoviert und dienen als Relikt der Vergangenheit als historisches Moment.“

Bürgermeister Rudolf Weber ist zuversichtlich, dass der Brunnenplatz im Ortskern, nicht zuletzt auch nach der Restaurierung des gusseisernen Laufbrunnes, wieder ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt sein wird. „Schon früher haben sich die Kinder dort abgekühlt und bei Trockenperioden können sich die Einwohner Wasser für den Garten holen.“


Quellen / Literaturnachweise

  • Nahezeitung Nr. 27 vom 5.Juni 2021, S. 18
    Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz Bd. 11: Kreis Birkenfeld, bearb. von
  • Ulrike Weber-Karge und Maria Wenzel, 2. Aufl., Worms 1998, S. 190
    Laufbrunnen, in: Hermann Bohn, Hunsrücker Brunnengeschichten. Von
  • Vorbrunnen, Heilquellen und Wasserwerken, Herrstein 2018, S. 31-32
    Sammelordner „Brunnen 1–23“, Abt. 6, Bestand V, Archiv des Heimatkundevereins Birkenfeld
  • vgl. Brunnen 1–23, Abt. 6, Bes.t V, Archiv des Heimatkundevereins Birkenfeld
  • H. Bohn, Hunsrücker Brunnengeschichten S. 32
  • vgl. Nahe-Zeitung Nr. 127, vom 5.Juni 2021, S. 18


Disclaimer – Dorfchronik

Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.

Dorfchronik behandelt auch gesellschaftliches Leben

Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.

Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.

Das Cover der Schmißberger Dorfchronik

Die Dorfchronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) aber auch per Mail unter info@schmissberg.de erworben werden.


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