Der „Galgenhübel“ vom Schmißberger Krausberg
Der Schmißberger Krausberg war vor Hunderten Jahren eine Gerichtsstätte. Aufzeichnungen beschreiben beispielsweise die Hinrichtung einer Mörderin im Jahr 1757.
vom 26. Januar 2024 I von Rudi Weber
Der Schmißberger Krausberg war vor Hunderten Jahren eine Gerichtsstätte. Aufzeichnungen beschreiben beispielsweise die Hinrichtung einer Mörderin im Jahr 1757.
vom 26. Januar 2024 I von Rudi Weber
Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.
Im Jahre 1507 verfasste der Minister des Fürstbischofs von Bamberg, Johann Freiherr von Schwarzenberg den Entwurf zu einem neuen Strafrecht, das 1532 auf dem Reichstag zu Regensburg zum allgemeinen Reichsgesetz erhoben wurde. Danach waren noch 300 Jahre lang die Grundsätze der Strafzumessung bei Verbrechen an diese kulturellen und moralischen Vorstellungen des ausgehenden Mittelalters gebunden.
Nachdem die Burgherrinnen auf Schloss Birkenfeld nur schwerlich den Anblick der Gehenkten nahe der Burg ertragen konnten, wurde die Richtstätte auf die später Galgenhübel oder Krausberg genannte Anhöhe oberhalb von Schmißberg verlegt.
1643 wurden hier zum Beispiel auf Befehl des Herzogs Georg Wilhelm fünf Personen aus dem Amt Birkenfeld unter dem Galgen durch das Schwert hingerichtet. Der Autor Albert Reitenbach berichtet im „Heimatkalender des Landkreises Birkenfeld 1961“ sehr ausführlich über die „Hinrichtung einer Kindesmörderin in Birkenfeld 1757“. Grundlage der Urteilsfindung war die oben genannten „Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.“ („Carolina“)
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Albert Reitenbach schreibt in seinem Aufsatz, den wir hier zusammenfassen, im Heimatkalender: „Als daher im Jahre 1757 das Hohe Gericht in Birkenfeld die Christina Sophia Brennerin, des Jakob Brenners gewesenen Schmiedes allhier nachgelassene Tochter wegen Beseitigung ihres neugeborenen Kindes des Todes durch Enthauptung schuldig sprach, blieben das verwirrende Herzeleid ihres Verlassenseins, ihre Angst vor lebenslanger Schande in der kleinbürgerlichen Welt des Vaterstädtchens, die sie zur Kindestötung getrieben hatte, außer Betracht.“ Die Urteilsfindung der „Carolina“ war von dem Gedanken der Vergeltung bestimmt. Mit dem Urteil sollte auch die Abschreckung des Volkes und die Dokumentation der Grundsatzhärte des Obrigkeitsstaates verdeutlicht werden.
„Die schnelle Aufdeckung der Tat und das Geständnis der Verzweifelten hatten die damals übliche Anwendung der Folter als „odentliches Beweismittel“ erspart und die Richter rasch zum abschließenden Rechtsspruch kommen lassen.“ Da der Gerichtstermin – geleitet vom Beauftragten Christians V., des Herzogs von Pfalz-Zweibrücken und Pfalzgraf von Birkenfeld – im gesamten Herrschaftsgebiet der Hinteren Grafschaft Sponheim bekannt gemacht worden war, wurde das Urteil auf dem Marktplatz „Am Römer“ am 20. September 1757 vor einer großen Menge nach den althergebrachten Rechtsförmlichkeiten verkündet. Der evangelische Geistliche Rumpel, „der Zeit Pfarrer hieselbsten“ hatte, nachdem man der Kindesmörderin das weiße Totenhemd angezogen, sie zuvor auf ihr Sterben vorbereitet. Er schrieb später dar- über in das Kirchenbuch: „Sie hat bei der von mir geschehenen Zubereitung eine wahre, herzliche Reue über die begangene Tat und eine rechte Glaubensfreudigkeit erwiesen.“
Albert Reitenbach schildert detailliert, die Verkündung des Urteils und die Übergabe der Delinquentin an den „Nachrichter“, Matthias Nagel aus Rimsberg: „Nachrichter, ich übergebe die hier vorstehende Armsünderin, Christina Sophia Brennerin, Euch und Euren Gehilfen und befehle Euch bei Eurem Eide, sie in Gemäßheit des vom Herzoglichen Oberhofgericht ausgesprochenen und von seiner Fürstlichen Hoheit allergnädigst bestätigtem Urteil, wovon ich Euch hiermit Abschriften reiche, zu richten mit der Schärfe des Schwertes der Gerechtigkeit vom Leben zum Tode.“
Daraufhin setzte sich ein Zug, unter dem Geläut des Armsünderglöckleins, vom Rathaus zum Richtplatz in Bewegung. „Die Kutschen der Gerichtsherren fuhren voraus. Die Bürgermiliz zu Pferde und zu Fuß begleiteten die Wagenreihe zur Stadt hinaus auf dem Weg zum Richtplatz auf der kahlen Höhe des Krausberges. Die Jüngeren in der Zuschauermenge eilten vor, die meisten kamen dichtgedrängt hinterher. (…) Bei seiner Ankunft fand das Justizkollegium den Kreis um die Richtstatt durch die hiesige, dazu bestellte Bürgerschaft gehörig geschlossen, die Ein- und Ausfahren und die übrige Umgebung durch Miliz-Kommandos hinlänglich gesichert, und eine große Menge Volk versammelt.“
Nachdem die Gehilfen des Henkers alle Vorbereitungen getroffen hatten, stellte der Vertreter des Landesherren den Nachrichter unter besonderen Schutz: „Ich gebiete, von Obrigkeitswegen, bei Leib und Gut, dem Nachrichter keine Hinderung zu tun. Auch wann ihm, wo Gott vor sei, etwas mißlingen sollte, keine Hand an ihn zu legen. Denn auch er stehet unter dem Gesetz Schutz. Und sollte er fehlen, so wird auch er seinen Richter finden. Darum Friede ihm!“ Der herzogliche Beauftragte wandte sich zum Scharfrichter Nagel: „Nachrichter, tuet nun, was Eures Amtes ist!“ Dieser trat hinter den Stuhl der wie im Schlafe Dasitzenden und mit dem Aufblitzen der breiten Klinge rollte ihr Kopf zur Erde.
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Der Nachrichter salutierte vor dem Hohen Kollegium mit dem Richtschwert, das die Inschrift trug: „Sobald ich das Schwert zum Richten schwing, der arme Sünder bei Gott Gnade empfing.“ (Es befand sich noch bis um 1910 im Besitz der Familie Nagel in Bärenbach). Der Henker fragte: „Richter, habe ich recht gerichtet?“ Der Hofrat bestätigte: „Ihr habt recht gerichtet, wie Recht und Urteil spricht.“
In der immer noch atemlosen Stille der Zuschauer trat darauf Pfarrer Rumpel vor und hielt eine kurze Standrede auf dem Richtplatz vor dem entseelten Körper vor einer kaum zählbaren Menge. (…) Der Pfarrer hielt diese Ansprache für so wesentlich, dass er das Blatt mit dem Wortlaut der Kirchenbucheintragung hinzufügte. So ist sie bis auf unsere Tage gekommen. Damit endet eine alte Geschichte von der Irrsal und der Verlorenheit des Menschen. Sie hätte sich damals auch an andren Orten unserer Heimat genauso ereignen können.
Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.
Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.
Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.
Die Dorfchronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) aber auch per Mail unter info@schmissberg.de erworben werden.