Stürme und Borkenkäfer setzen dem Wald bundesweit schwer zu. Der Wald der Gemeinde Schmißberg bleibt von diesen Entwicklungen nicht verschont. Wie wird der Wald sich zukünftig entwickeln?
vom 22. Januar 2024 I von Rudi Weber
Der Schmißberger Wald unterhalb der Straße "Am Stabsberg" im März 2021
Dieser Text ist zu erst in der Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“ erschienen.
Je nach geografischem Standort und wer gerade wen ärgern wollte, liegt Schmißberg „vor“ oder „hinterm Wald.“
Jedenfalls gab es in unserer Heimat (fast) immer schon viel Wald. Hätte es im Jahr 2500 v. Chr. schon Drohnen mit Fotoapparaten gegeben, hätten wir heute Luftbilder von Bäumen, Bäumen, Bäumen. Wo sich heute das dicht besiedelte Deutschland erstreckt, befanden sich damals Mischwälder aus Eichen, Linden und Eschen. Nach 2500 vor Christus wurde das Klima kühler und feuchter. Dadurch bestimmten zunehmend die Buchen die Mischwälder.
Wald wurden schon früh von Menschen bearbeitet
Doch der Niedergang dieses naturbelassenen Waldes begann schon im 17. Jahrhundert. Schiffbauer, Bergleute und Köhler – also die Hersteller von Holzkohle – holzten ab, was der Wald hergab. Zudem wichen riesige Waldgebiete dem Ackerbau. Und als den europäischen Städten erstmals das Bauholz ausging, wuchs in Deutschland die Idee, die Wälder bewusst zu bewirtschaften.
In der Landschaft, in der später die Gemarkung und der Ort Schmißberg entstand, verschwanden die dichten Hochwälder schon 400 Jahre vorher. Die Eisenerzverhüttung, für die viel Holz als Energiequelle vonnöten war, führte dazu, dass der Wald rings um das heutige Schmißberg restlos abgeholzt wurde.
Archäologen haben herausgefunden, dass zuletzt nur noch Heckenholz verbrannt wurde, bis mangels Holznachschub die Eisenerzverhüttung in „Schmiedeberg“ aufgegeben werden musste. Die abgeholzten Wälder waren andererseits die notwendige Grundlage für die Entstehung der Landwirtschaft, wie sie für das Schmißberger „Wirtschaftsleben“ in den nächsten Jahrhunderten bis in unsere Neuzeit hinein prägend war.
1713 erschien das Buch „Sylvicultura Oeconomica“. Der Deutsche Hans Carl von Carlowitz formulierte darin zum ersten Mal überhaupt den Gedanken der Nachhaltigkeit. Er forderte eine kontinuierliche und beständige Nutzung des Waldes und dass für jeden Baum, der gefällt wird, ein neuer gepflanzt wird. Anders als man ver- muten könnte, handelte von Carlowitz allerdings nicht aus Naturliebe, sondern verfolgte ökonomische Interessen. Viel Erfolg hatte sein Gedanke nicht: Solange Holz der zentrale Brennstoff für alle Wirtschaftszweige war, wurde weiter gnadenlos ab- geholzt. Anfang des 19. Jahrhunderts erreichte der Kahlschlag seinen Höhepunkt.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Schmißberger Wald erst im Jahr 1962 angelegt
Auf „alten“ Dias aus den 1960er und 1970er Jahren des vorigen Jahrhunderts sehen wir mit Erstaunen, wie wenig die Hügel rings um Schmißberg bewaldet waren. Der im Jahre 1962 angelegte neue gemeindeeigene Friedhof beispielsweise liegt auf freiem Feld. Wo Wald wuchs, war es hauptsächlich Niederwald, der nach 15 bis 20 Jahren Aufwuchs als Brennholz verwertet wurde. Das jetzige Waldbild hat sich im Wesentlichen so erst in den 1980er Jahren durch Aufforstungsmaßnahmen im Gemeindewald und in den 1990er Jahren auf Privatwaldflächen, als die Aufforstung von ehemaligem Ackerland durch Zuschüsse gefördert wurde, ergeben.
1984 rüttelte der Waldschadensbericht die deutsche Öffentlichkeit auf. Vor allem die Tannenwälder litten unter der Umweltverschmutzung. Schwefeldioxid aus Kohlekraftwerken setzte den Bäumen zu und die Schäden drohten sich auf andere Baum- arten auszuweiten. Natürlich machte der saure Regen auch vor den Schmißberger Waldstücken nicht Halt, obwohl hier aufgrund der topografischen und klimatischen Parameter die Schäden noch relativ gering bleiben. Jedenfalls war in der Vergangenheit auch in Schmißberg die Fichte der ideale Holzlieferant und deswegen in der Forstwirtschaft so beliebt. Sie wächst schnell und gerade, nach 80 Jahren ist sie erntereif und es geht ins Sägewerk.
Orkantiefs setzten dem Wald ebenfalls schwer zu
Doch spätestens seit den Orkanen „Wiebke“ 1989 und „Kyrill“ im Januar 2007 sehen viele Experten die ausgedehnten deutschen Fichtenwälder mit Skepsis. Denn die flachwurzelnden Bäume haben sich als wenig sturmbeständig erwiesen – viele kippten bei starken Stürmen oder gar Orkanen einfach um und sorgten innerhalb weniger Stunden für einen Kahlschlag auch im Schmißberger Wald.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Auch für den Klimawandel scheint die Fichte nicht gut gerüstet: In heißen Sommern zerfressen Parasiten die Bestände. Wie genau sich der Klimawandel auf den deutschen Wald auswirken wird, bleibt schwer zu beurteilen. Doch dass er ihn verändern wird, ist sicher. Neben Dürreperioden bedroht eine Zunahme von Schädlingen wie dem Borkenkäfer die Bäume. Denn viele Insekten vermehren sich bei wärmerem Klima stärker. Auch muss man leider feststellen, dass durch Wildverbiss der Umbau in naturnahe Mischwälder auch im Schmißberger Wald gestört wird, was für Gemeinde und Privatwaldbesitzer auch finanzielle Belastungen, zum Beispiel für aufwendige Schutzzäune, bedeutet.
Wälder sind grüne Lunge
Ohne Wälder hätten wir ein Problem. Neben den Meeren haben die Wälder weltweit den größten Einfluss auf unser Ökosystem. Die vielen Schichten eines Waldes erfüllen wichtige Aufgaben. Über die Wurzeln und Waldböden wird Regen gespeichert, der Wasserhaushalt wird reguliert; die Blätter und Nadeln der Bäume filtern Staub aus der Luft, und die Bäume verwandeln Kohlendioxid in Sauerstoff.
Als grüne Lunge der Ballungsgebiete sind sie deshalb unersetzlich. Auch Einheimische besuchen als Spaziergänger und Sportler täglich den Wald, um etwa zu joggen oder Rad zu fahren. Das Ökosystem Wald bietet zudem eine Heimat für mehr als 1200 verschiedene Pflanzenarten und Tausende Tierarten. Vor allem die ursprünglichen Buchenwälder sind wichtig für die Artenvielfalt. Auch urwaldähnliche Waldgebiete, wie sie im Nationalpark Hunsrück-Hochwald angestrebt werden, sind von enormer Bedeutung. Eine Menge Totholz modert dort zwischen alten Baumriesen, bis zur Hälfte aller Bäume ist vergreist oder tot. Sie sind ideale Eintrittspforten für hunderte Käferarten. In den Löchern wuchern Pilze, das wiederum lockt pilzfressende Insekten an. Für die Artenvielfalt ist ein toter Baum weit wichtiger als ein lebendiger.
Schmißberg hat Nationalpark-Gründung unterstützt
Die Gemeinde Schmißberg hat deswegen die Errichtung eines Nationalparks unterstützt und nennt sich als Anrainerkommune mit Stolz „Nationalparkgemeinde.“ Im Schmißberger Gemeindewald mit einer kleinen Gesamtfläche von nur 37,2 Hektar Fläche, davon 34,1 Wirtschaftswald, in fast ausschließlich schwieriger Hanglage, kann es zukünftig primär nicht darum gehen, große wirtschaftliche Erträge anzustreben. Auch andere Standortmerkmale wie Nährstoff- und Wasserversorgung sind nur von mittlerer Qualität. Die Waldbewirtschaftung hat für unsere Gemeinde deshalb keine große wirtschaftliche Bedeutung. Hinzu kommen große Planungsunsicherheiten, historisch niedrige Holzpreise nach Sturmschäden können innerhalb kurzer Zeit sehr hohen Holzpreisen gegenüberstehen, weil der (internationale) Holz- markt großen Bedarf hat. Im langjährigen Mittel gleichen sich Verluste und Gewinne, die aus der Bewirtschaftung des Schmißberger Gemeindewaldes entstehen, in etwa aus. Beispielsweise lag das Gesamtbetriebsergebnis nach Landeswaldgesetz 2018 bei 5.885 Euro, im Jahr 2019 aber war ein Minus von 6.331 Euro zu verzeichnen. Erlösen von 3.915 Euro in 2020 steht wiederum ein negatives Ergebnis von 2.378 im Jahr 2021 gegenüber. 2022 planen wir mit einem Erlös von 376 Euro, weil alle Reserven in die Wiederaufforstung von Sturmschäden- und Borkenkäferflächen gehen.
Dorfchronik
Dieser Artikel ist Teil der im Herbst 2022 erschienenen Schmißberger Dorfchronik „Schmißberg 1367 bis 2022“. Die Chronik mit mehr als 230 Seiten kann zum Preis von 23 Euro bei Ortsbürgermeister Rudi Weber (06782 – 40439) erworben werden.
Der Gemeinderat muss also mit der Forstverwaltung jedes Jahr einen klugen Weg finden, damit Aufforstungsmaßnahmen und sonstige Maßnahmen möglichst aus den Erlösen selbst finanziert werden können. Staatliche Zuschüsse können natürlich helfen, unsere Aufgaben im Wald zu bewältigen, insbesondere wenn es um die Beseitigung der Kalamitätsschäden geht. Ohne die staatlichen Zuwendungen in Höhe von knapp über 5000 Euro in 2021 hätte es für uns forstwirtschaftlich nach Stürmen und Borkenkäferbefall bitter ausgesehen.
Unser Ziel muss es deshalb sein, den Wald für die zukünftigen Generationen so umzubauen, dass seine hohe Bedeutung für Klimaschutz, Biodiversität und als Freizeit- und Erholungsraum für die Menschen erhalten bleibt.
Disclaimer – Dorfchronik
Die im Herbst 2022 erschienene Schmißberger Dorfchronik stellt eine beeindruckende Lektüre dar. Die Dorfchronik erhellt nicht nur die Geschichte Schmißbergs ab der ersten urkundlichen Erwähnung 1367, sondern behandelt auch die zahlreichen archäologischen Funde aus keltischer und insbesondere auch aus römischer Zeit. Florian Tanz vom Fachbereich Klassische Archäologie der Uni Trier stellt in der Schmißberger Dorfchronik beispielsweise in einem reich bebilderten Aufsatz die Forschungsgeschichte und die zahlreichen Befunde aus dem heutigen Schmißberger Umfeld dar.
Dorfchronik behandelt auch gesellschaftliches Leben
Daneben enthält die Dorfchronik aber auch zahlreiche Texte von Schmißbergerinnen und Schmißbergern, die das gesellschaftliche Leben der Gemeinde in der Vergangenheit und der Gegenwart abbilden. Darunter beispielsweise Berichte über die Feste in der Gemeinde sowie der Umbau des Schmißberger Schlachthauses in eine Dorfkneipe.
Die Arbeiten an der Schmißberger Dorfchronik dauerten etwas zwei Jahre. Das Buch ist während der Dorfmoderation und der Corona-Pandemie entstanden, was ein Arbeiten in Präsenz erschwerte. Herausgeber der Dorfchronik ist der Verein für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.
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